Menschen, die an Depressionen oder bipolaren Störungen leiden und eine Therapie mit Lithiumsalzen erhalten, weisen eine geringere Inzidenz von Alzheimer und anderen Formen von Demenz auf. Dies ist bemerkenswert, da ihre Prädisposition für diese Erkrankungen eigentlich höher ist.
Lithiumsalze werden in der Psychatrie seit Jahrzehnten zur Stimmungsstabilisierung eingesetzt und gehören zur Standardbehandlung von psychischen Erkrankungen. Niedrig dosiert fördert Lithium bei Patienten mit psychischen Auffälligkeiten eine ausgeglichenere Stimmung und schützt davor in depressive oder manische Phasen abzugleiten. Zudem spricht man Lithium eine gedächtnisstabilisierende Funktion zu, indem es die Nerven vor oxidativem Stress, Entzündungen und einer gestörten Funktionen der Mitochondrien schützt. Diese Erkrankungen stellen auch mögliche Risikofaktoren dar, die mit der Entwicklung einer Demenz in Verbindung gebracht werden.
Wissenschafter an der University of Cambridge bewerteten den Zusammenhang von Lithium und neu aufgetretenen Demenzerkrankungen. Die Studie umfasste insgesamt knapp 30.000 Patienten, die weder an leichten Gedächtnisstörungen litten, noch an einer Demenz erkrankt waren. Darunter waren 548 Patienten, die über einen Zeitraum von 15 Jahren mit Lithium behandelt wurden. Da sie bereits an bestimmten Vorerkrankungen wie Depressionen, Manie oder bipolaren Störungen litten. Die zweite Gruppe mit 29.070 Personen nahm kein Lithium ein.
Das Team an Psychiatern rund um Professor Shanquan Chen beobachten die Studienteilnehmer ein Jahr lang und stellten dabei fest, dass 9,7 % der Personen in der Lithium-Gruppe (53 Personen) inzwischen eine Demenz entwickelt hatten. Davon erkrankten 6,8 % an einer Alzheimer-Demenz und 2,6 % an einer vaskulären Demenz. Im Vergleich dazu erkrankten in der Gruppe mit den Personen, die kein Lithium einnahmen 11,2 % der Patienten (3.244 Personen). Der Anteil der Alzheimer-Erkrankungen belief sich auf 8,1 % und an vaskulärer Demenz erkrankten 2,6 % der Probanden. Bei der Forschung konnte außerdem festgestellt werden, das die Probanden eher einen signifikanten Schutzeffekt zeigten, wenn sie Lithium für einen Zeitraum von entweder weniger als einem Jahr oder mehr als fünf Jahren einnahmen.1 Dies deutet auf eine interessante zeitabhängige Wirkung des Lithiums hin, die weiterer Untersuchungen bedarf.
Die Unterschiede bei den Neuererkrankungen in den beiden Gruppen erscheinen zunächst nur geringfügig (9,7 % und 11,7 %, mit und ohne Lithiumeinnahme). Wenn man sie aber nun vor dem Hintergrund betrachtet, dass drei Viertel der Patienten in der Lithium-Gruppe an einer psychischen Störung litten, die laut früheren Studien das Demenzrisiko erheblich erhöhen, dann ist das ein bemerkenswertes Ergebnis. Denn die Forscher hatten erwartet, dass die Probanden der Lithium-Gruppe aufgrund ihrer Vorerkrankungen viel eher eine Demenz ausbilden würden. Das nun genau das Gegenteil eingetroffen ist war überraschend und so scheint es, dass die Lithiumtherapie dieses erhöhte Risiko möglicherweise nicht nur ausgeglichen, sondern sogar umgekehrt hat.
- Association between lithium use and the incidence of dementia and its subtypes: A retrospective cohort study ↩︎